Günther Stiller

11. Juni 1927 bis 3. Juli 2018

Günther Stiller war ein bescheidener Gigant: Er hat mehr als 20 Bücher für die Büchergilde illustriert und ist damit bis heute unser meistpublizierter Illustrator, er hat für den Verlag Beltz und Gelberg dessen unverwechselbares Buchgesicht in Orange entwickelt, er hat vor allem aber absolute Pionierarbeit geleistet für die Nutzung der in den 1960er-Jahren neuen Technik des Offsetdrucks für die künstlerische Druckgrafik!

1927 in Hamburg geboren, studierte Stiller an der Landeskunstschule Hamburg. 1951 siedelte er nach Wiesbaden um, wo er für den Verlag Schwabe / Bayer tätig war. Ab 1954 arbeitete er freischaffend, gab die Flugblatt-Zeitschrift „Die Kralle“ heraus, hatte erste Kontakte zur Büchergilde Gutenberg und experimentierte intensiv mit Schriftsatz und Drucktechniken.

1957 erschien seine erste Büchergilde-Illustration, Erich Kästners „Drei Männer im Schnee“. Er illustrierte später u.a. Tucholsky, Rimbaud, Brecht, Baudelaire und Grass, gern auch Erotisches, Schwänke und Schurkenstücke, nicht nur für die Büchergilde. Schon 1960 und 1962 wurden seine ersten Bücher von der Stiftung Buchkunst im Wettbewerb „Schönste deutsche Bücher“ ausgezeichnet.

1964 zog er nach Watzhahn im Taunus, wo in einem um-gebauten Wirtschaftsgebäude sowohl eine eigene Werk-statt mit Setzerei und Handpresse wie auch seine große Familie Platz fanden. Dort entstand ein schier unübersehbares Lebenswerk aus Buchillustrationen, bibliophilen Drucken, Druckgrafiken, Pressendrucken und Bilderbüchern.

Ich stieß kurz vor seinem 60. Geburtstag in Wiesbaden zur Büchergilde und richtete in der dortigen Keller-Galerie als erste von vielen weiteren Günther Stillers Geburtstags-ausstellung aus (für die er ein orig.-grafisches Plakat schuf, s.u.), der Beginn einer langen persönlichen Freundschaft. Seinen 90. Geburtstag beging der Künstler im vergangenen Jahr mit einer großen Übersichtsausstellung im Wiesbadener Kunstarchiv bei guter Gesundheit. Nun ist er kurz nach seinem 91. Geburtstag in Watzhahn gestorben. Wenn es nach der künstlerischen Lebensleistung ginge, müsste er bekannter sein als Baselitz. Aber er betrieb sein Handwerk ohne großes Klappern. Er war einfach nur sinnesfroh, bescheiden und sympathisch.