Günther Huniat
Günther Huniat wurde 1939 in Thammühl in Böhmen, dem heutigen Stare Splavny/Tschechien, geboren. Mit seiner Familie – der Vater war Kunstschlosser, die Mutter Hausfrau – siedelte er 1946 nach Deutschland um. Nach Besuch des Pädagogischen Instituts in Leipzig 1958–1961 und dem Studium der Sozialpädagogik in Ludwigsfelde 1965–1968 arbeitete Günther Huniat bis 1971 in der Volksbildung, betätigte sich jedoch gleichzeitig schon seit 1963 als Künstler. Die Bekanntschaft mit Gerhard Altenbourg Ende der 1960er Jahre führte zu einem regen künstlerischen Austausch, und ab 1971 widmet sich Huniat ganz der künstlerischen Tätigkeit. 1980 gründet er zusammen mit Frieder Heinze und anderen Künstlern die Freiluftgalerie Stötteritz, einen öffentlichen Skulpturenpark mit wechselnden Ausstellungen, der bis 2015 bestand. Diese Gruppe organisierte 1984 auch den berühmten „1. Leipziger Herbstsalon“, mit dem die Künstler das Kunstpräsentationsmonopol des SED-Staates durchbrachen. (Mehr darüber siehe unten.) Günther Huniat lebt und arbeitet in Leipzig.
Der 1. (und einzige) Leipziger Herbstsalon 1984
1984 beschloss eine Gruppe von 6 Künstlern, Hendrik Grimmling, Lutz Dammbeck, Günther Huniat, Frieder Heinze, Olaf Wegewitz und Günther Firit trotz bzw. gerade wegen unterschiedlicher künstlerischer Auffassungen die Organisierung einer großen, von der Zustimmung des DDR-Staates unabhängigen Gemeinschafts-
ausstellung unter dem Titel eines „1. Leipziger Herbstsalons“. Das Missverständnis nutzend, dass einige von ihnen zwar Vorstandsmitglieder des Künstler-Berufsverbandes, gleichwohl keineswegs in dessen Auftrag unterwegs sind, mieten sie von der Leipziger Messegesellschaft eine mehr als 600 qm große Halle im Herzen der Leipziger Innenstadt.
Was ausgesprochen heimlich vorbereitet werden musste, teilen die Künstler dann kurz vor Eröffnung der Ausstellung per Post-Massendrucksache so ziemlich jedem Kulturfunktionär der gesamten Republik mit. Der Skandal ist gewaltig – weniger der sicher auch renitenten Kunst wegen, sondern vor allem wegen der eigenständigen Organisierung außerhalb aller vorgegebenen Strukturen. Die versuchte fristlose Kündigung des Hallenmietvertrags wehrt der Rechtsanwalt Svend-Gunnar Kirmes mit Hinweis auf die vertraglich vereinbarte 4-wöchige Kündigungsfrist für die dreiwöchige Mietdauer ab.
Es kommt zu unerwarteten Solidarisierungen aus dem akademischen Establishment, obwohl sich die Aktion auch gegen dieses richtet, z.B. von Wolfgang Mattheuer und auch von Bernhard Heisig, der im ZK der SED den scheinbar gesichtswahrenden Kompromiss aushandelt, dass der Salon stattfinden darf – aber nur als Werkstattausstellung, ohne Werbung und mit maximal 24 Besuchern gleichzeitig. Das nutzt gar nichts, es kommen während der 3-wöchigen Ausstellung mehr als 10 000 Menschen aus der gesamten DDR angereist!
Als im folgenden Jahr jüngere Künstler mit dem Versuch, einen eigenen Herbstsalon zu organisieren, scheiterten, war dies Auslöser der Gründung der Galerie eigen + art, heute weltberühmt als die Galerie der Neuen Leipziger Schule, die erst durch versteigerte Kunstspenden von Huniat und anderen Salonisten das zur Gründung notwendige Kapital erlangte.
Während nach dem 1. Herbstsalon drei der beteiligten Künstler in die BRD ausreisen und die beiden anderen Leipzig verlassen, bleibt Huniat da, organisiert nun allein die Ausstellungen in der Freiluftgalerie Stötteritz und arbeitet – bis heute - an einem Werk voller Poesie, in allen künstlerischen Techniken und Materialien.
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