Gudrun Trendafilov

Die Künstlerin wurde 1958 in Bernsbach/Erzgebirge als fünftes von sechs Kindern in eine musisch geprägte Familie geboren und schon mit 14 Jahren von ihrer Mutter, die das früh sichtbare Zeichentalent ihrer Tochter fördern wollte, in einem Zeichenzirkel im nicht weit entfernten Aue angemeldet. Nach dem Abitur 1976 bestand sie umstandslos die Aufnahmeprüfung für ein Studium an der Kunsthochschule Dresden. Um die Bedeutung dieser Tatsache einschätzen zu können, muss man wissen, dass die Kunstakademie für jedes künstlerische Genre nur etwa fünfzehn Studierende pro Semester zuließ...

Der sie dort stark prägende Lehrer war der renommierte Zeichner Gerhard Kettner. Seit 1981 arbeitet sie als freischaffende Künstlerin.

1982/1983 war sie als jüngste Künstlerin überhaupt auf der IX. Kunstausstellung der DDR, der nur alle fünf Jahre veranstalteten großen gesamtstaatlichen Kunstleistungsschau, mit einer Radierung vertreten. Die 1980er-Jahre waren aufregende Zeiten für die junge Kunstszene in Dresden, die von später illuster gewordenen Namen wie Helge Leiberg, Angela Hampel, Hans Scheib, Cornelia Schleime, Strawalde und Ralf Kerbach geprägt wurde, Trendafilov mitten drin. In Leipzig regierten zu dieser Zeit noch die Akademischen Hoheiten Tübke, Heisig und Mattheuer, in Dresden tobte der Bär, wurde experimentiert, über die engen Stränge geschlagen, der Anspruch auf ein selbst definiertes Leben, eine selbstdefinierte Kunst, eine eigene Öffentlichkeit formuliert.

1982 heiratete die Künstlerin den in Dresden Elektrotechnik studierenden Boris Trendafilov und brachte ihre erste Tochter zur Welt. Ihr Mann bekam als Bulgare in der DDR nach dem Studienabschluss keine Arbeit, und als ein attraktives Angebot aus Sofia kam, nahm er das an. In Sofia wiederum gab es für die Familie keine Wohnung außer den zwei Zimmern ihrer Schwiegereltern, die sich schlecht zum Atelier umwidmen ließen, sodass die Familie jahrelang in einer Fernbeziehung Dresden – Sofia (1462 km) lebte.

Trendafilov versuchte diesen gordischen Knoten durch eine Familienzusammenführung in Westdeutschland zu lösen und wollte sich auch das Reisen nicht mehr verbieten lassen, so stellte sie 1986 einen Ausreiseantrag aus der DDR – der ohne jegliche Begründung bis Ende 1989 wieder und wieder abgelehnt wurde. Erst unmittelbar nach dem Mauerfall beschied ihr die Abteilung „Inneres“ des Bezirks Dresden, sie könne nun gehen. Worauf sie antwortete: „Haben Sie die Zeitung nicht gelesen?“

Parallel war ihrem Mann eine vorteilhafte Arbeitsstelle in Nürnberg angeboten worden und die Familie fand dort nun endlich eine gemeinsame Basis. Als Künstlerin aber war sie dort ein Solitär, hatte stattdessen nun eine andere Fernbeziehung, die zur Dresdner Kunstszene, denn im Dezember 1989 gehörte sie zu den Gründerinnen der „Dresdner Sezession ‘89“, einer Gruppe von dreiundzwanzig Malerinnen, Grafikerinnen, Plastikerinnen und Kunstwissenschaftlerinnen. Die Namenswahl bezog sich nicht zufällig auf die 70 Jahre zuvor gegründete „Dresdner Sezession 1919“ um Otto Dix und Conrad Felixmüller, zu der Künstlerinnen damals kaum Zugang fanden.

„Wir wollen unserem schöpferischen Potential Ausdruck geben, denn die heutige Welt braucht die weibliche Wahrnehmungsweise aus weiblichem Identitätsgefühl heraus“ hieß es in einem Manifest der Gruppe 1990. Und die Kunst von Gudrun Trendafilov ist ein stetiges Umkreisen der Frage, wie nachdenkliche, selbstbewusste Weiblichkeit aussieht. Um Selbstbehauptung muss sie nicht kämpfen, ihr Werk zeigt einen klaren, schnörkellosen Blick auf die Kraft und die Fähigkeiten von Frauen. Höchst beeindruckend ist z.B. ihre Ausgestaltung des Festsaals des Sächsischen Landtagspräsidenten 2001, die sie sich mit Angela Hampel teilte: Überlebensgroße, nur schemenhaft dargestellte Frauengestalten, die Souveränität, Gemeinschaft und Zusammenwirken als ruhige Selbstverständlichkeit ausstrahlen.

Die beiden Künstlerinnen haben über mehrere Jahre vor und nach dem Mauerfall sehr eng zusammengearbeitet, bis hin zu gemeinsam geschaffenen Büchern (s.u.). Trendafilovs Handschrift aus dieser Zeit zeigt einen rissigen Strich, der die offene, schonungslose Selbstbefragung ihrer weiblichen Figuren in der Wendezeit illustriert. (Im Katalog widmet die Kunsthistorikerin Karin Müller-Kelwing Trendafilovs Strichführung einen eigenen Artikel.)

Trendafilovs künstlerischer Lebensmittelpunkt blieb Dresden. 2001 mietete sie dort auch wieder ein Atelier, in Sichtweite zur Elbe. Wirklich unentbehrlich war ihr aber vor allem auch die Arbeit in der „Grafikwerkstatt Dresden“, in der praktisch alle Druckgrafiken nach ihrem Hochschulabschluss entstanden sind. „Nicht auszudenken, wie alles gekommen wäre, wenn es nicht die Grafikwerkstatt für mich gegeben hätte… Ein Ort, an dem nicht nur gut gedruckt, sondern auch gut diskutiert werden kann. Nur so konnte ich meine ganz spezifische Technik entwickeln“. Über diese ungewöhnliche Einrichtung, in der Künstler in einer von der Stadtverwaltung getragenen Werkstatt Grafik drucken lassen oder auch selbst drucken können, finden Sie mehr unter "Druckpressen und Verlage" - "Grafikwerkstatt Dresden" (hier im Künstlerverzeichnis) oder unten auf den Link klicken.

Ich kann den Katalog von Gudrun Trendafilov sehr empfehlen. Er enthält einen umfangreichen warmherzigen Lebens- und Werküberblick aus der Feder der Dresdner Galeristin und Kunstwissenschaftlerin Karin Weber, die 1987, als über die ausreisewillige Künstlerin ein stillschweigender Öffentlichkeitsentzug verhängt war, die Zivilcourage hatte, deren Arbeiten dennoch in der von ihr geleiteten kommunalen Galerie auszustellen, und sie hat dies seitdem immer wieder getan. Das wirklich Bereichernde aber sind diese Bilder, diese Bilder…

Foto der Künstlerin: Daniel Tschentscher

www.grafikbrief.de/kuenstler/kuenstler.php?num=409

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Gudrun Trendafilov – Kirschen

Orig.-Algrafie

Gudrun Trendafilov – Blaue Lauschende (Erinnerung)

Orig.-Farb-Algrafie

Gudrun Trendafilov – Geschmückte

Orig.-Farb-Algrafie

Gudrun Trendafilov – Kauernde

Orig.-Algrafie 1991

Gudrun Trendafilov – Hockende

Orig.-Farbserigrafie

Gudrun Trendafilov – Im Wind

Orig.-Farb-Algrafie

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Gudrun Trendafilov – Von hinten

Orig.-Algrafie 1988

Gudrun Trendafilov – Sitzende

Orig.-Farb-Algrafie

Gudrun Trendafilov – Instabil

Orig.-Farb-Algrafie

Gudrun Trendafilov – Rote Figur

Orig.-Farb-Algrafie

Gudrun Trendafilov – Blütentraum

Orig.-Farb-Algrafie

Gudrun Trendafilov – Kirschblick

Orig.-Farb-Algrafie

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Gudrun Trendafilov – Duft

Orig.-Algrafie

Gudrun Trendafilov – Kopf

Orig.-Farbserigrafie

Gudrun Trendafilov – Nadel

Orig.-Lithografie

Grüne Sitzende

Mischtechnik auf Bütten

Unversehens

Orig.-Farb-Algrafie

Verliebt

Mischtechnik auf Bütten

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Stummer Beobachter

Orig.- Farb-Algrafie

Gudrun Trendafilov – Eros

Tusche auf Bütten

Mit Vogel

Orig.- Farb-Algrafie

Behütet

Orig.-Farb-Algrafie

Gabe

Orig.- Farb-Algrafie

Frosch

Orig.-Algrafie

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Imagination

Orig.-Serigrafie

Nach innen

Orig.-Serigrafie 1990

Gudrun Trendafilov – Nach außen

Orig.-Serigrafie 1990

Nach oben

Orig.-Serigrafie 1990

Frau im Dreck

Orig.-Serigrafie 1990

Ohne Titel

Orig.-Serigrafie 1990

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Horizont

Orig.-Serigrafie 1990

Gudrun Trendafilov – Entgegen

Orig.-Serigrafie 1990

Gudrun Trendafilov – Liegende

Orig.- Farb-Algrafie

Kaktus

Farb-Orig.-Algrafie

Im Boot

Orig.-Farbserigrafie

Blick zurück

Orig.-Farbserigrafie

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Schnell, schnell

Orig.-Serigrafie

Beere

Orig.-Algrafie/Einmalung

Putzige Lust

Orig.-Algrafie

Gudrun Trendafilov – Abend

Orig.-Algrafie/Irisdruck

Merklich kühler

Orig.-Algrafie

Gudrun Trendafilov – Paar 1

Orig.-Serigrafie 1990

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Ins Wasser

Orig.-Farb-Algrafie 2022

Eiei

Orig.-Algrafie 2021

Paar 2

Orig.-Serigrafie 1996

Róza Domascyna/ Angela Hampel/ Gudrun Trendafilov – Zwischen gangbein und springbein

Künstlerbuch