Peter Padubrin-Thomys
Peter Padubrin-Thomys, 1968 in Halle/Saale geboren und seit Mitte der 90er Jahre in der Südpfalz zwischen Landau und Pirmasens zu Hause, fügt seinen an sich schon flirrendes Leben atmenden Holzschnitten noch die Spuren von vergangenem Leben hinzu, indem er sich für seine Holzschnitte grundsätzlich „gebrauchte“ Holzplatten sucht: Teile alter Möbel und Frühstücksbrettchen vom Sperrmüll, oder massenhaft vorgefundenes Bauholz aus dem alten Fachwerkhaus, das er komplett entrümpelt und saniert hat, um sein Atelier dort einzurichten. Seinen Druckplatten fehlen oft Ecken, die Ränder sind ausgefranst und vom alltäglichen Gebrauch „gezeichnet“. Das sichtbar zu machen ist nur in der Technik der verlorenen Form möglich.
Die Technik der verlorenen Form – wer hat’s erfunden? Nachdem im Internet auch dies schon für einen chinesischen Künstler reklamiert wird („…Cheng Xu, der im Jahr 1982 die Kunstakademie von Yunnan absolvierte und im Jahr 1984 für sein in dieser Technik geschaffenes Kunstwerk La Ku Romantic Feelings mit dem Goldenen Preis der 6. Nationalen Chinesischen Kunstausstellung ausgezeichnet wurde…“), bleibt festzuhalten, dass Picasso in den 50er Jahren die Technik der verlorenen Form im Linolschnitt erfand und natürlich im Hochdruck (Holz-, Linol- und Materialdruck, es drucken nur die hochstehenden Teile einer Druckplatte) schnell viele gelehrige Schüler fand.
Und bei ihm hat es auch Peter Padubrin-Thomys nachgelesen, als er 1986 als 18-Jähriger begann, sich die Kunst des Farbholzschnittes anzueignen.
Mit Worten ist das Prinzip nicht ganz leicht verständlich zu machen: Der Künstler erarbeitet die Vorlagen für, sagen wir, 5 Druckvorgänge für einen Farbholzschnitt aus nur einer einzigen Druckplatte. Alles, was er im ersten Vorgang aus der Platte ausschneidet, bleibt weiß, wenn er die Druckplatte beispielsweise gelb einfärbt und auf weißes Papier druckt.
Hat er für eine Auflage von z. B. 20 Exemplaren diesen ersten Zustand der Platte in Gelb 20 Mal gedruckt, schneidet er aus der gleichen Platte mehr heraus und druckt dies z.B. in Rot über die Gelb-Drucke, die er schon hat. Alles, was im 2. Durchgang des Schneidens aus der Druckplatte entfernt wurde, bleibt gelb zu sehen, während der Rest des ersten gelben Druckes nun unter dem Rot verschwindet. Wieder schneiden, wieder drucken – es bleibt, wenn’s nun mit schwarzer Farbe weitergeht, dieses Mal das Weiß von ganz vom Anfang, das bisschen Gelb, das das Rot nicht überdeckt hat, und auch nicht mehr viel Rot, denn darüber liegt nun zu großen Teilen das Schwarz. Und so weiter.
Was ist der Vorteil? Es kommt nicht zu flirrenden Linien, wie sie leicht beim Mehrplattendruck entstehen, wenn die Platten nicht ganz passgenau geschnitten und gedruckt sind. Und vor allem: Durch porösen Farbauftrag lassen sich die Flächen sehr lebendig gestalten, wenn die unteren Farbschichten durchschimmern. Und last, but not least: Die Auflage kann nie nachgedruckt werden, da vom Druckstock ja nur die letzte Druckform übrig bleibt (wenn überhaupt, siehe unten).
Als ich ihn vor einigen Jahren mal danach fragte, warum seine Auflagen so klein sind, meist nur 2 Exemplare, ging ich ihm voll auf den Leim, als er das damit begründete, dass in den alten Holzplatten meist der Holzwurm sei und er deswegen zusehen müsse, dass die schnell ins Feuer kämen… In Wahrheit geht es ihm ausschließlich darum, den Holzschnitt in der von ihm entwickelten Form als künstlerisches Stilmittel zu nutzen, womit er die Nagelprobe der Druckgrafik glanzvoll besteht: dass sich nämlich die künstlerische Technik legitimieren muss durch die einzigartige Wirkung des Motivs in dieser oder jener Technik und nicht durch die Möglichkeit, eine Auflage herzustellen.
Die Bildsprache des Künstlers wirkt nicht nur wegen seiner exzellenten Farbgebung ausgesprochen jung und frisch, sondern auch durch die Mischung aus Comicsprache, Kinderzeichnung und art brut, seiner ungebremsten Fabulierlust rund um die menschliche Figur und deren Physiognomie. Gern zeigt er das menschliche Gesicht am Beispiel von Kindern, deren Züge noch nicht eingefroren und kontrolliert sind, die ihren Gefühlen noch in Fratzen Ausdruck verleihen können und unverstellt Herzzerreißendes, Erstaunen oder Pfiffigkeit preisgeben. Und durch Padubrin-Thomys’ Katzenbilder soll sogar schon der ein oder andere Hundehalter miezophil geworden sein.