Angela Hampel – Intensität und Sinnlichkeit. Malerei, Zeichnung, Druckgrafik
Einladungstext zur Ausstellung im Mai/Juni/Juli 2025 in der Franfurter Büchergilde Buchhadnlung & Galerie
Es ist die letzte Ausstellung, die wir hier in unseren 2007 bezogenen Räumen An der Staufenmauer in Frankfurt/Main zeigen, vor dem Umzug ins Goethe-Haus Ende Juli, und es war mir sehr wichtig, die Ära von 125 Ausstellungen an diesem Ort mit einem Paukenschlag zu beenden – ein solcher ist eine Ausstellung mit neuen Arbeiten von Angela Hampel, einer der bedeutendsten deutschen Malerinnen der Gegenwart, und den eindrucksvollen Skulpturen von Peter Braun allemal!
Ich kenne wenige Künstler/innen, die so leidenschaftlich um die Wahrheit in ihrem Leben wie in ihrer Kunst ringen wie Angela Hampel, die dazu auch noch über die absolut außergewöhnlichen zeichnerischen, malerischen und grafischen Fähigkeiten verfügt, um ihrem Ringen eine, wie ich glaube, zeitlos gültige Form zu geben.
In der Endzeit der DDR gehörte die 1956 in Räckelwitz nahe der Lessing-Geburtsstadt Kamenz geborene Hampel zu den kritischen jungen Künstler/inne/n, die nicht in den Westen emigrieren wollten, sondern eine freie und solidarische Gesellschaft in der DDR anstrebten, die Grenzen ihrer persönlichen wie künstlerischen Freiheit ausdehnen wollten. Streitbar war die mutige Künstlerin, die, solange es ihr gesundheitlich möglich war, 7000er- und 8000er-Berggipfel in Südamerika und Asien bestiegen hat, schon damals, sie kämpfte für Frauenrechte und Umweltschutz in der DDR.
Konsequenterweise hat sie den Fall der Mauer dann nicht dazu genutzt, ihre schon damals gesamtdeutsche Prominenz durch eine große West-Galerie in klingende Münze umzusetzen. Stattdessen gründete sie mit anderen Künstlerinnen und Kunsthistorikerinnen die „Dresdner Sezession“, die vor allem Kunst von Frauen förderte und auch eine eigene Galerie betrieb.
Bei aller Vehemenz, mit der die Künstlerin für ihre gesellschaftspolitischen Positionen ficht, enthüllen ihre Bilder, worum es ihr dabei eigentlich geht: Um die Vision eines versöhnten, eines innigen Zusammenlebens von Menschen mit all ihren Gegensätzen. Metaphern dieser Gegensätze sind in vielen ihrer Arbeiten die Begegnung des Menschen mit einem von uns an sich als gefährlich eingestuften Tier, einer Echse, einer Raubkatze, einer Schlange, das sich in einer auf den ersten Blick bedrohlichen Nähe, auf den zweiten Blick irritierenden Harmonie mit diesem Menschen befindet.
Auch die Beziehung zwischen zwei Menschen ist in ihren Bildern getragen von einer ungewöhnlich intensiven Nähe und Zärtlichkeit, die nichts mit Hollywood oder Gartenlaube zu tun hat. Manchmal wurde ihr unterstellt, sie kokettiere durch ihre androgynen Figuren mit Assoziationen an lesbische Liebe. In Wahrheit stehen diese nicht eindeutig lesbaren Paare gerade dadurch stellvertretend wie Brechts Keuner für uns alle: Keuner ist keiner, keiner ist einer, einer wie wir, egal ob Mann oder Frau oder *. Und so wirklichkeitsfremd scheint der Gedanke nicht, dass eine stärker von (allen) Frauen dominierte Welt eine sanftere, eine weniger gewaltorientierte Welt wäre.
Angela Hampel erreicht in ihren Darstellungen eine Intensität des Ausdrucks, die niemanden unberührt lassen kann. In den neuesten Arbeiten, die unsere Ausstellung zeigt, gibt es eine Zeichnung von einem Kuss auf den Fuß eines anderen Menschen, von dem auch nur dieser Fuß zu sehen ist. Mit wenigen Strichen entfaltet die Künstlerin eine Aura von Hingabe und Verbundenheit, und doch bleibt beim Betrachter möglicherweise auch Spannung, weil der Kuss auf den Fuß ja mit sehr unterschiedlichen Bedeutungen aufgeladen ist.
Viele Paare in Angela Hampels Bildern begegnen sich ersichtlich in sich selbst ruhend, geradezu in sich selbst hineinlauschend, mit geschlossenen Augen, Ausdruck tiefsten Vertrauens. So möchte man gern in der Welt sein. Für eine solche Welt zu streiten – das lohnt sich!